Ή στραβός είναι ο γιαλός ή στραβά αρμενίζουμε
23.12.2024
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    Warum Griechenland nirgendwo austritt


    Malte Daniljuk

    Seit 1980 bieten griechische Inseln die Startrampe für Nato-Einsätze im Mittleren Osten und in Nordafrika. In Washington wächst die Sorge, dass die Europäer übergeordnete Interessen aus den Augen verlieren

     

     

    Als der Pressesprecher im Weißen Haus, Josh Earnest, Ende Juni vor die Journalisten trat, hatte er drei Mal eine wichtige Botschaft zu verkünden. Ein wirtschaftlich stabiles Europa liege nicht nur im ökonomischen Interesse der USA, es handelt sich sogar um eine Frage der Nationalen Sicherheit. Und er wiederholte es gleich noch ein zweites Mal: „Wir rufen weiterhin alle Seiten zu einer pragmatischen Diskussion auf, denn es ist beides, im wirtschaftlichen Interesse unseres Landes wie auch in unserem breiteren, nationalen Sicherheitsinteresse.“

    Nationale Sicherheit. Wenn der Präsident diese Worte ausrufen lässt, erübrigt sich in den USA normalerweise jede weitere Debatte, und zwar parteiübergreifend. „Unsere Interessen rund um den Globus“, wiederholte Josh Earnest zum Dritten, „profitieren sehr deutlich von einem starken und effektiven und eng vereinten Europa“. Dies sei der wichtigste Grund dafür, dass das Finanzministerium der Vereinigten Staaten sich nun intensiver in die Gespräche in Europa einbringt, um in punkto Griechenland eine Vereinbarung zu erreichen, die „in unserem gegenseitigen Interesse“ liegt.

    Nato-Generalsekretär Stoltenberg mit dem griechischen Verteieidgungsminister Kammenos. Bild: Nato

    In den Wochen zuvor hatte die griechische Regierungskoalition ganz unterschiedliche Signale in die Welt gesendet. Im Mai besuchte Verteidigungsminister Kammenos (Anel) Washington. Dort schlug er nicht nur vor, die bereits bestehende US-Militärbasis in Souda auf Kreta auszubauen. Es ließen sich sogar weitere Ägäis-Inseln zu NATO-Stützpunkten umwandeln.

    Bereits in den Wochen zuvor betonte Pannos Kammenos unermüdlich, dass Griechenland der „Hauptpfeiler der Südostflanke der NATO“ ist. Zudem könnte Griechenland seine sechs altertümlichen, von Lockheed hergestellten Aufklärungsflugzeuge P-3 Orion modernisieren lassen. Kostenpunkt: 500 Millionen Euro.

    Ministerpräsident Alexis Tsipras (Syriza) unternahm unterdessen mehrere Reisen nach Russland und telefonierte regelmäßig mit seinem Kollegen in der Russischen Föderation, Wladimir Putin. Zuletzt stellte Alexis Tsipras auf dem Russischen Wirtschaftsforum in St. Petersburg klar, dass Europa nicht mehr „der Mittelpunkt der Welt“ ist. Russland sei ein bedeutender Partner für Griechenland. Die Welt ändert sich, so der griechische Regierungschef mit Blick auf die wachsenden Bedeutung von China und Asien: „Die Rolle Russlands in der Welt wächst.“

    Bereits im April hatte Alexis Tsipras die russische Hauptstadt besucht und dort die Grundlage für einen energiepolitischen Milliardendeal gelegt. Russland wird die Erdgasleitung South-Stream über die Türkei mit Griechenland verbinden. In vier Jahren können darüber jährlich 47 Milliarden Kubikmeter Gas in die südlichen EU-Staaten strömen. Einen entsprechenden Vertrag brachten die Energieminister beider Länder, Alexander Nowak und Panagiotis Lafazanis, auf dem St. Petersburger Wirtschaftsforum jetzt unter Dach und Fach.

    Griechenland und die NATO

    In welch gefährlichen Gewässern sich die griechische Linksregierung bewegt, wenn sie damit kokettiert, sie vertrete „ein Seefahrervolk und findet immer einen Hafen“, zeigt ein Blick in die jüngere Geschichte. Zuletzt bereitete die US-Armee im Sommer 2013 auf Kreta und der Peloponnes einen Angriff auf Syrien vor. Zu diesem Zeitpunkt regierte in Athen noch ein korruptes Zwei-Parteien-Regime aus Sozialdemokraten (Pasok) und Konservativen (Nea Dimokratia). Die Briten sammelten ihre Luftwaffe gleich nebenan, auf Zypern. Die Inseln liegen nur wenige hundert Kilometer Luftlinie von der syrischen Hauptstadt entfernt.

    Ausgerechnet die russische Regierung machte den angelsächsischen Angriffsplänen einen Strich durch die Rechnung. Als Außenminister John Kerry Anfang September 2013 eine Entscheidung des UN-Sicherheitsrates für einen neuen Krieg anbahnen wollte, wurde er von Russland und China ausgebremst. „Syriens Präsident Assad reiht sich ein in eine Liste mit Adolf Hitler und Saddam Hussein, die chemische Kampfstoffe gegen ihre eigene Bevölkerung eingesetzt haben“, behauptete Kerry und forderte den amerikanische Kongress auf, grünes Licht für einen Militärschlag gegen die Führung in Damaskus zu geben.

    Kurz vor dem anschießenden G-20-Gipfel in St. Petersburg erklärte Russlands Präsident Wladimir Putin zu Kerrys Einlassungen: „Er lügt und er weiß, dass er lügt.“ Die russische Regierung verlangte, dass die USA dem Weltsicherheitsrat ihre Beweise vorlegen. Ein Alleingang unter US-Führung sei illegal. Diese Ansage war derart deutlich, dass Barack Obama kurzfristig überlegte, seine Teilnahme am Gipfel abzusagen. Schließlich erschien er doch, um vor Ort festzustellen, dass auch China sich Russlands Forderung anschloss, auf einen Militärschlag zu verzichten.

    Vieles spricht dafür, dass dieser Vorgang den zentralen Auftakt für die neue Ost-West-Konfrontation bildete, wie sie mit der Ukraine-Krise seit Herbst 2013 die NATO-Politik bestimmt. Verständlich wird die kompromisslose Haltung von China und Russland nur vor dem Hintergrund des Libyen-Kriegs. Auch dabei hatten die griechischen Infrastrukturen eine zentrale Rolle gespielt.

    Als Ende März 2011 offiziell die NATO die Führung über die völkerrechtswidrigen Luftangriffe übernahm, startete ein Großteil der Bombenangriffe von Kreta und Peloponnes. Daraufhin ersuchte die verzweifelte Regierung von Muammar al-Gaddafi direkt in Athen, beim griechischen Regierungschef Giorgos Papandreou (Pasok) um Unterstützung. Obwohl zwischen den Mittelmeer-Anrainern bis dahin ein eher positives Verhältnis herrschte, ließ NATO-Partner Papandreou den libyschen De-Facto-Herrscher abblitzen. Griechenland nahm sogar mit einer Fregatte, einem Hubschrauber und einem Aufklärungsflugzeug an der Nato-Operation teil.

    Aus der Perspektive des westlichen Militärbündnisses handelte es sich bei Griechenland historisch allerdings um einen Problemkandidaten. Zum einen geht dies auf die schwierigen Beziehungen zum Nachbarn und Nato-Partner Türkei zurück. Die Länder streiten seit Jahrzehnten um Hoheitsrechte in der Ägäis. Zudem besetzte türkisches Militär im Jahr 1974 den Norden der griechischen Insel Zypern, angeblich um die dort lebende türkische Minderheit zu schützen. Seitdem ist das Land gespalten und von einer Mauer durchzogen. Griechenland und die Türkei können in der Region nicht einmal gemeinsam an Manövern im Nato-Rahmen teilnehmen, weil dabei die Gefahr einer internen militärischen Konfrontation besteht.

    Als ähnlich schwierig gestaltet sich das Verhältnis zu Mazedonien. Seit das Land 1991 seine Unabhängigkeit erklärte, besteht Griechenland darauf, dass dies der Name einer griechischen Provinz ist. Auch spielen hoheitsrechtliche Fragen eine Rolle. Im Ergebnis blockiert die griechische Regierung mit ihrem Vetorecht in der EU und im Nato-Rat die jeweils geplante Osterweiterung und die Aufnahme des Landes, obwohl das Verhältnis von Mazedonien zu den USA als relativ eng gilt, vor allem im sicherheitspolitischen und militärischen Bereich.

    Wie weit man in Griechenland wegen solcher Probleme gehen kann, demonstrierte das Land 1974, als es wegen der Zypern-Krise kurzerhand aus der Nato austrat. Das Land nahm den größten Teil seiner Streitkräfte aus dem gemeinsamen militärischen Kommando, ließ aber die damals fünf US- bzw. NATO-Stützpunkte bestehen. Gleichzeitig genehmigte der damalige Regierungschef Andreas Papandreou aber auch der sowjetischen Marine, in der Ägäis vor Anker zu gehen und ihre Schiffe dort zu reparieren. Selbst nachdem das Land 1980 offiziell wieder der Nato beigetreten war, erklärte Papandreou noch bei jeder Gelegenheit: „Griechenland möchte überhaupt keinem Militärblock angehören, infolgedessen auch nicht der NATO.“

    Erweiterter Verhandlungsspielraum

    Diese bündnispolitische Taktiererei zwischen Ost, West und den Blockfreien machte sich für die junge griechische Demokratie damals vor allem finanziell bemerkbar. Das Land wurde zu einem der wichtigsten Empfänger von US-Militärhilfe. Das Geld wurde im Gegenzug für komplett sinnfreie Rüstungsprojekte in Westeuropa und den USA wieder ausgegeben, wobei die kriminellen Parteifreunde der SPD und der Union aus der Pasok und Nea Dimokratia, die üblichen Provisionen einbehielten.

    Inzwischen verfügt Griechenland über mehr Truppen und Flugzeuge als Deutschland. Nun werden sie jedoch aus dem griechischen Schulden-Haushalt finanziert, was nach Ansicht von Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg auch so bleiben soll. Während der IWF mit Sitz in Washington den Schuss aus dem Weißen Haus deutlich vernommen hat, erwecken die Juristen im deutschen Finanzministerium weiterhin den Eindruck, es gebe noch Grundsätzliches zu entscheiden, was Griechenlands Mitgliedschaft in der Europäischen Union oder der Eurozone betrifft.

    Unmittelbar nach der Ansage des Weißen Hauses, die griechischen Finanzprobleme seien eine Frage der Nationalen Sicherheit der USA, lieferte der IWF nun eine Studie, welche den mittelfristigen Finanzbedarf auf 50 Milliarden Euro kalkuliert. Gestern forderte IWF-Chefin Christine Lagarde in Washington eine großangelegte Umschuldung (IWF-Chefin fordert Griechenland-Umschuldung). Dazu könnte gehören, dass die Zeiträume für die Rückzahlung verdoppelt werden.

    Damit steigt die Wahrscheinlichkeit, dass die griechische Regierung mit ihrer Mischung aus bündnispolitischen Signalen und mit dem Referendum vom vergangenen Sonntag klug und erfolgreich gehandelt hat. Zumindest befindet sich die Tsipras-Regierung nun, vor dem am Sonntag stattfindenden EU-Sondergipfel, in einer besseren Verhandlungsposition – neuerdings mit einiger Rückendeckung aus Washington.

    Quelle: http://www.heise.de/tp/artikel/45/45410/1.html

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