Zwei Jahre nach der Ankündigung des Baus der Gaspipeline Turkish Stream hat das Projekt endlich eine rechtliche Grundlage bekommen, schreibt die Zeitung „Kommersant“ am Dienstag.
In dem am Montag unterzeichneten Regierungsabkommens zwischen Russland und der Türkei wird offiziell der Verlust von mindestens 15 Milliarden Kubikmeter russischen Transitgases pro Jahr durch die Ukraine festgeschrieben, die jetzt direkt in die Türkei gehen werden.
Die Energieminister Russlands und der Türkei, Alexander Nowak und Berat Albayrak, unterzeichneten am Montag im Beisein der Präsidenten beider Länder, Wladimir Putin und Recep Tayyip Erdogan, ein Regierungsabkommen zum Turkish-Stream-Projekt. Putin zufolge wird Gazprom dem türkischen Gasunternehmen Botas eine Gaspreisermäßigung gewähren. Allerdings müsse noch deren Höhe abgestimmt werden, so Nowak. 2015 habe gerade diese Frage für Verzögerungen bei der Abstimmung des Projekts gesorgt, dessen geplante Kapazität inzwischen um 50 Prozent bis auf 32 Milliarden Kubikmeter pro Jahr gesunken sei.
Es handelt sich um den Bau von zwei Pipeline-Strängen mit einer Kapazität von jeweils 15,75 Milliarden Kubikmeter pro Jahr. Der erste Strang soll für den Verbrauch in der Türkei und der zweite für den Transit nach Südeuropa bestimmt sein. Völlig klar ist nur die Situation um den ersten Strang, während beim zweiten Strang die Hauptaspekte noch nicht geregelt sind. Laut dem Abkommen wird Gazprom die Meeresabschnitte beider Stränge komplett besitzen. Den Festlandsabschnitt des ersten Strangs bekommt die Firma Botas, der Festlandsabschnitt des zweiten Strangs geht an ein Gemeinschaftsunternehmen mit Gazprom. Bei der Projektfinanzierung der Meeresabschnitte sowie des Festlandsabschnitts des zweiten Strangs könnten noch andere Teilnehmer einsteigen.
Putin-Besuch und Turkish Stream: Gaspipeline der Freundschaft
Ein wichtiger Aspekt, der laut der Zeitung im Abkommen offiziell festgeschrieben wurde – Gazprom wird die Gasströme, die jetzt via Bulgarien in die Türkei kommen, in den ersten Strang von Turkish Stream leiten. Damit verliert die Ukraine 14 bis 15 Milliarden Kubikmeter Gas pro Jahr, die künftig direkt in die Türkei gepumpt werden sollen.
In Bezug auf den zweiten Strang sei die Situation nicht so eindeutig. Wie es im Abkommen heißt, wird Gazprom bzw. sein Tochterunternehmen mit der Projektierungsfirma des Festlandsabschnitts des zweiten Strangs einen langfristigen Vertrag zur Gasbeförderung (ship-or-pay) abschließen und zugleich den Zugang zu 100 Prozent der Kapazität dieser Pipeline bekommen.
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Die Gaspipeline Turkish Stream
Die Inbetriebnahme beider Stränge sei für den 30. Dezember 2019 geplant, heißt es, allerdings sei für den zweiten Strang die Möglichkeit vorgesehen, den Bau auf Wunsch von Gazprom einzustellen. Darüber hinaus soll zum zweiten Strang extra ein Protokoll zwischen Gazprom und Botas abgestimmt werden.
Turkish Stream © AFP 2016/ ADEM ALTAN Turkish-Stream-Pipeline: Ankara beruhigt Europa Laut dem türkischen Energieexperten Wolkan Özdemir ist das Regierungsabkommen ein sehr wichtiger Schritt, mit dem zumindest der Bau des ersten Strangs von Turkish Stream realisiert werden kann. Die Situation um den zweiten Strang werde vom Ausgang der Verhandlungen zwischen Russland und der EU abhängen, ob in diesen Strang nur Gazprom-Gas gepumpt werden darf. Falls die EU-Kommission, die jetzt gegen eine solche Variante sei, nicht auf einen Kompromiss eingehen sollte, könnte das Schema eines russisch-türkischen Gemeinschaftsunternehmens zum Gasexport nach Europa umgesetzt werden. Allerdings sei diese Variante kaum wahrscheinlich, weil Gazprom sie nicht unterstütze. Der Expertin Maria Belowa von Vygon Consulting zufolge wäre es für die EU-Kommission vielleicht besser, für Gazprom eine Ausnahme zu machen, als es mit einem russisch-türkischen Unternehmen zu tun zu haben.
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